Verschärfte Vorlagepflicht ab 2025
Unternehmen, die Auslandsbeziehungen unterhalten, haben gegenüber dem Finanzamt erweiterte Mitwirkungspflichten. Dies betrifft etwa die Vorlage einer Verrechnungspreisdokumentation über Transaktionen mit ausländischen, verbundenen Unternehmen und anderen nahestehenden Personen. Die Regelung zur Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen im Rahmen einer Betriebsprüfung werden nun zum 01.01.2025 erheblich verschärft.
Eine Verrechnungspreisdokumentation besteht in der Regel aus folgenden zwei Bestandteilen:
1. Master File (Stammdokumentation): Das Master File enthält Informationen über die weltweiten Geschäftsaktivitäten und die Verrechnungspreispolitik einer Unternehmensgruppe. Es bietet einen Überblick über die Geschäftstätigkeit, die Wertschöpfung, die Organisationsstruktur, die Finanz- und Wirtschaftslage des Konzerns sowie über die grundsätzliche Verrechnungspreisstrategie u. a. hinsichtlich immaterieller Wirtschaftsgüter, Finanzierung und konzerninternen Dienstleistungen. Ein Master File muss in der Regel nur von Unternehmen erstellt werden, die Teil eines multinationalen Konzerns sind und dessen Umsatz EUR 100 Mio. übersteigt.
2. Local File (Landesspezifische, unternehmensbezogene Dokumentation): Das Local File bezieht sich auf die spezifischen Geschäftsvorfälle eines Unternehmens mit verbundenen Unternehmen. Es enthält detaillierte Informationen über Art und Umfang der Transaktionen sowie die Auswahl und Angemessenheit der jeweils angewandten Verrechnungspreismethode. Ein Local File muss dann erstellt werden, wenn die Verrechnungspreise mit verbundenen Unternehmen bestimmte Schwellenwerte überschreiten. Bei Warenlieferungen beträgt die Grenze EUR 6 Mio. pro Jahr, für alle anderen Transaktionen, z. B. Entgelte für Dienstleistungen, für die Überlassung von Kapital oder von IP, gilt eine jährliche Grenze von EUR 600.000.
Multinationale Unternehmensgruppen deren konsolidierter Umsatz EUR 750 Mio. übersteigt, müssen zudem als dritten Bestandteil ein sogenanntes Country-by-Country Reporting vorlegen.
Vorlagepflicht ab 2025
Bislang musste die Verrechnungspreisdokumentation nur auf gesonderte Aufforderung, die üblicherweise im Rahmen einer Betriebsprüfung erging, und dann innerhalb von 60 Tagen vorgelegt werden. Ab dem 01.01.2025 verschärft sich diese Vorlagepflicht nun deutlich.
Ergeht eine Betriebsprüfungsanordnung ab dem 01.01.2025, müssen verpflichtete Unternehmen einen Teil ihrer Verrechnungspreisdokumentation ohne weitere Aufforderung innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorlegen. Die bereits im Jahr 2022 beschlossene Verschärfung sah ursprünglich vor, dass die gesamte Dokumentation in diesem Zeitrahmen vorzulegen ist. Durch das im Oktober 2024 verabschiedete Vierte Bürokratieentlastungsgesetz wurde die Regelung vor ihrem Inkrafttreten wieder etwas entschärft: Ohne weitere Aufforderung und innerhalb von 30 Tagen sind jedoch weiterhin das Master File – soweit die entsprechenden Größengrenzen überschritten werden – , die Dokumentation außerordentlicher Geschäftsvorfälle (z. B. Vermögensübertragungen im Rahmen von Umstrukturierungen, einer Änderung besonders erheblicher konzerninterner Verträge oder dem Abschluss von Umlageverträgen im Konzern) sowie eine Transaktionsmatrix vorzulegen.
Die Transaktionsmatrix soll Informationen zu Art, Umfang und Verrechnungspreismethode der verschiedenen Geschäftsvorfälle enthalten. Somit soll der Betriebsprüfer einen Überblick über die Auslandssachverhalte erhalten, und im Idealfall nur noch gezielt, weitere Informationen zu den Transaktionen anfordern. Dessen unbenommen, kann die Finanzbehörde jedoch auch das gesamte Local File verlangen, das dann innerhalb von 30 Tagen nach der Anforderung vorzulegen ist.
Konsequenzen bei Nichterfüllung
Werden die Vorlagepflichten nicht oder nicht fristgerecht erfüllt, kann dies erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen: Bei einer Nichtvorlage entsteht zunächst die (widerlegbare) Vermutung, dass die tatsächlich versteuerten Einkünfte aus konzerninternen Transaktionen zu niedrig sind. Der Schätzrahmen, den die Finanzbehörden auf die Transaktionen anwenden, darf dann zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Auf diesen Steuererhöhungsbetrag wird je Transaktion zudem ein Strafzuschlag von 5 bis 10 %, mindestens jedoch EUR 5.000 erhoben. Eine nicht fristgerechte Vorlage wird durch Zuschlag von bis zu EUR 1.000.000 jedoch mindestens EUR 100 je Tag der Fristüberschreitung sanktioniert.
Die genannten Beträge beziehen sich auf jeden einzelnen Geschäftsvorfall und jedes einzelne Prüfungsjahr, entsprechend können dadurch schnell erhebliche Summen zu Stande kommen. Von einer Festsetzung wird abgesehen, wenn nur ein geringes Verschulden besteht oder die Nichterfüllung der Pflichten entschuldbar erscheint.
Um die ab 01.01.2025 geltenden Regelungen zur Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation bei Betriebsprüfungen zu erfüllen und Sanktionen zu vermeiden, sollten Unternehmen, die Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe sind, eine frühzeitige Abstimmung mit ihrem Steuerberater suchen. In dieser Abstimmung sollte erörtert werden, ob eine Verpflichtung zur Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation für den nächsten Betriebsprüfungszeitraum besteht. Basierend auf dieser Einordnung und dem Umfang ihrer relevanten Geschäftsvorfälle ist im nächsten Schritt abzustimmen, ob und welche Dokumentationen bereits vor der Prüfung vorbereitet werden sollten.