Die unrichtige, unvollständige oder verspätet abgegebene Umsatzsteuererklärung und ihre Folgen
Sowohl die Umsatzsteuer-Voranmeldung als auch die Umsatzsteuerjahreserklärung sind Steueranmeldungen und stehen damit einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Somit ist ihre Änderung innerhalb der Festsetzungsverjährung jederzeit möglich. Ungeachtet dessen sind – wenig überraschend – die Angaben in der Steuererklärung wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen (vgl. § 150 Abs. 2 AO). Anders als in einer Einkommensteuererklärung müssen in einer Umsatzsteuererklärung unzählig viele Sachverhalte komprimiert deklariert werden. Dass es in diesem Zusammenhang zu Fehlern kommen kann bzw. muss, ist selbstredend. Die Gretchenfrage, die sich in diesem Zusammenhang für alle Steuerpflichtigen und ihre Berater stellt, lautet: „Was gilt es konkret zu unternehmen?“
Eigentlich ist die Antwort hierauf ganz einfach. Sie ergibt sich aus § 153 AO. Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich, dass eine von ihm oder für ihn – häufig über seinen Berater – abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, so ist er verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen.
Ist der Fehler in der Umsatzsteuer-Voranmeldung erfolgt, so sollte mit der Berichtigung nicht bis zur Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung gewartet werden, da dann obiges Tatbestandsmerkmal der Unverzüglichkeit nicht mehr erfüllt wird. Dies ist auch der Grund, weshalb der Berater – wenn er (nur) bei der Unterstützung oder der Erstellung der Jahreserklärung tätig wird –, regelmäßig darauf hinweist, die vom Unternehmer erstellte(n) Voranmeldung(en) zu berichtigen und mit der Berichtigung keinesfalls bis zur Abgabe der Jahreserklärung zu warten.
Wer das Steuerrecht besser kennt oder Erfahrungen sammeln musste, weiß, dass das Ergebnis viel zu einfach klingt. Und das täuscht nicht. Gehen nämlich derartige Berichtigungen beim Finanzamt ein, besteht für den Steuerpflichtigen keine Gewissheit, wie es mit seinem Antrag weitergeht. Konkret besteht für ihn das Risiko, dass der zuständige Sachbearbeiter der Umsatzsteuer-Voranmeldungsstelle die Berichtigung an die BuStra (Bußgeld und Strafsachenstelle) weiterleitet. Dies soll zwar bei Steuer(vor)anmeldungen – anders als bei der Berichtigung von Jahreserklärungen – nur in begründeten Einzelfällen erfolgen. In der Praxis zeigt sich aber, dass es leider auch bei größeren Beträgen nicht selten zu Weiterleitungen kommt. Und landet ein Sachverhalt erst einmal bei BuStra, ist die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens der Regelfall. Aufgrund des geltenden Legalitätsprinzips ist die Hürde hierfür sehr niedrig und eine inhaltliche (kritische) Prüfung des Sachverhalts erfolgt zumeist wegen zeitlicher Engpässe nicht. Für die Praxis bedeutet dies, dass vor Abgabe einer Berichtigungsanzeige ausgeschlossen werden muss, dass es sich bei ihr inhaltlich um eine Selbstanzeige nach § 371 AO handelt, da für diese sehr viel strengere Voraussetzungen gelten. Mit anderen Worten: Es muss ausgeschlossen werden, dass die Entscheider beim Finanzamt oder Gericht der Auffassung sind bzw. sein könnten, der bei der Abgabe der seinerzeitigen Voranmeldung unterlaufene Fehler sei zumindest bedingt vorsätzlich begangen worden.
Die Voraussetzungen des Vorsatzes sind im Einzelnen umstritten. Nach herrschender Meinung gehört zum diesbezüglichen Vorsatz, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will bzw. dessen Verkürzung billigend in Kauf nimmt. Er erfordert jedoch gerade keine Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen. Für eine Verurteilung reicht danach, dass das Tatgericht davon überzeugt ist, dass der Beschuldigte das Bestehen des Steueranspruchs billigend in Kauf genommen hat.
Die Praxis zeigt ferner, dass zwischenzeitlich einige BuStra-Stellen von Amtsträgern besetzt und auch geleitet werden, die die Auffassung vertreten, jeder Fehler sei vorsätzlich begangen worden. Dies gilt auch für viele Strafgerichte, die vielfach – was sie sich aber zum Nachteil des Angeklagten nicht eingestehen wollen – mit der Komplexität des Steuerrechts überfordert sind. Damit verbleibt im Ergebnis wenig Raum für eine Berichtigungsanzeige nach § 153 AO. Dies hat zur Konsequenz, dass die durch den Berater vorbereiteten Berichtigungen überwiegend inzident auch die Voraussetzungen der Selbstanzeige erfüllen. Erstreckt sich dabei der Fehler nur über Zeiträume für die Umsatzsteuer-Voranmeldungen und nicht bereits Jahreserklärungen abgegeben wurden, ist der Aufwand noch überschaubar. Ergingen jedoch bereits Jahressteuerbescheide, müssen mindestens auch die letzten abgelaufenen zehn Kalenderjahre auf Fehler überprüft und bei Erkennen richtiggestellt werden. Aus Gründen der Vorsicht werden dann auch häufig steuerlich noch nicht eindeutig entschiedene Sachverhalte offengelegt. Ursache für alle diese Maßnahmen sind die seit Jahren verschärfte Gesetzgebung und auch vielfach Entscheidungen der Finanzverwaltung und Gerichtsbarkeit.
Praktische Hinweise: Die Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung durch Übermittlung an das Finanzamt sollte nicht voreilig und ohne Prüfung vorgenommen werden. Ist eine solche nicht möglich, gilt es zu versuchen, rechtzeitig vorher beim Finanzamt eine Fristverlängerung für einige Tage zu erreichen, um eine Prüfung vorzunehmen.
Werden im Nachhinein Fehler festgestellt, besteht Handlungsbedarf. Wegen der dargestellten Risiken müssen sich die Betroffenen leider im Klaren sein, dass auf das Unternehmen ein kleines bis großes administratives Monster zukommen kann. Aber besser als später in die Klauen der Strafjustiz zu geraten.