Schuldverrechnung erleichtert 90 %-Test

Im Rahmen von Unternehmensnachfolgen kommt es stichtagsbedingt immer wieder zu sehr hohen Erbschaftsteuerlasten. Ursache ist nicht selten das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“, indiziert durch den sog. „90 %-Test“. Einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) folgend, hat nun auch die Finanzverwaltung ihre Haltung zum 90 %-Test geändert und eröffnet damit die Möglichkeit einer Schuldverrechnung. Herausforderungen bleiben dennoch.

Anwendungsbereich Schuldverrechnung

Der BFH hat mit dem Urteil vom 13. September 2023 (Az. II R 49/21) entschieden, dass im Rahmen des sog. 90 %-Testes bei Handelsunternehmen betrieblich veranlasste Schulden von den Finanzmitteln abgezogen werden dürfen. In der Folge dürften mehr Handelsunternehmen als bisher von den Verschonungsmöglichkeiten des Betriebsvermögens im Rahmen der Unternehmensnachfolge profitieren können. Da die Finanzverwaltung den Anwendungsbereich des BFH-Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus ausgedehnt hat, gilt die Schuldverrechnung nun für alle Unternehmensformen, die einer originär gewerblichen, land- und forstwirtschaftlichen oder selbstständigen Tätigkeit nachgehen. Der Nachweis hierfür erfolgt durch den sog. „Hauptzwecktest“.

Verbleibende Herausforderungen

Trotz der positiven Entwicklung bleiben einige Herausforderungen bestehen. So ist die Schuldenverrechnung insbesondere an die Bedingung des bereits erwähnten „Hauptzwecktests“ geknüpft. Allerdings fehlt hierbei eine konkrete Regelung, anhand welcher Kriterien dieser Test durchzuführen ist. Insbesondere für Unternehmen, die neben den vorgenannten begünstigten Tätigkeiten auch andere Tätigkeiten ausüben, etwa die Verwaltung von Vermögen, kann dies zu Unsicherheiten in der Nachfolgeplanung führen. Schließlich ist die Schuldenverrechnung im Rahmen des 90 %-Tests nicht für „junge Finanzmittel“ anwendbar, welche – wie bisher – in voller Höhe zu steuerpflichtigem Vermögen führen und nach Ansicht der Finanzverwaltung weiterhin auch bei konzerninternen Einlagen entstehen können.

Die Anpassung der Finanzverwaltungsauffassung an das BFH-Urteil ist ein beachtenswerter Schritt zur Entschärfung der steuerlichen Belastung bei Unternehmensnachfolgen. Dennoch ist eine sorgfältige Nachfolgeplanung weiterhin unerlässlich, um die Möglichkeiten der steueroptimierten Unternehmens-nachfolge vollständig zu nutzen und steuerliche Risiken zu minimieren.

Einen weiterführenden Artikel zum 90 %-Test finden Sie in unserem PSP Magazin.