Reinvestitionsmöglichkeiten einer GmbH im Rahmen des § 6b EStG durch Verschmelzung

Neben der Verlängerung der Reinvestitionsfristen des § 6b EStG nach dem „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz“ könnte bei einer GmbH auch an die Möglichkeit einer Verschmelzung auf eine andere Gesellschaft mit geeignetem Reinvestitionsobjekt gedacht werden, um die Zwangsauflösung der „6b-Rücklage“ zu vermeiden.

Hintergrund

§ 6b EStG eröffnet auch Kapitalgesellschaften die Möglichkeit, die bei einer Veräußerung von bestimmten Immobilien aufgedeckten stillen Reserven steuerlich auf die Anschaffung oder Herstellung anderer Immobilien zu übertragen. Technisch bedeutet dies, dass in Bezug auf den ansonsten steuerpflichtigen Gewinn bei der Veräußerung der entsprechenden Immobilie eine steuermindernde Rücklage gebildet werden kann, bis zu deren Höhe ein Abzug von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten beim Erwerb oder der Herstellung einer anderen Immobilie möglich ist.

Vorausgesetzt wird dabei, dass die „Ersatz-Immobilie“ innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren angeschafft bzw. hergestellt wird. Handelt es sich um eine neue Immobilie, wird dieser Zeitraum sogar auf sechs Jahre ausgedehnt. Wird keine entsprechende Folgeinvestition innerhalb dieser Fristen getätigt, muss die Rücklage gewinnwirksam aufgelöst werden. Hinzu kommt ein „Strafzins“ von 6 % pro Jahr, in welchem die Rücklage bestanden hat. 

Nach dem „Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz“, welches am 29.06.2020 vom Bundestag beschlossen wurde, wurden u. a. auch die oben genannten Fristen um ein Jahr verlängert, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 28.02.2020 und vor dem 01.01.2021 endenden Wirtschaftsjahres ansonsten aufzulösen wäre. Dies bedeutet im Ergebnis eine Liquiditätsverschonung um ein weiteres Jahr im Hinblick auf die sonst fällige Steuer- und Zinszahlung, falls kein geeignetes Reinvestitionsobjekt gegeben ist, oder auch eine entsprechende verlängerte Zeitspanne, um ein geeignetes Objekt zu finden. 

Verschmelzungsvariante

Soweit die jeweilige Gesellschaft selbst kein geeignetes Reinvestitionsobjekt besitzt, gilt es zu überlegen, die GmbH etwa auf eine Schwester-GmbH zu verschmelzen, wenn diese Schwester-GmbH ein geeignetes Reinvestitionsobjekt besitzt. Denn die „6b-Rücklage“ geht wie auch sonst sämtliche Wirtschaftsgüter und Schulden im Rahmen der Verschmelzung auf die aufnehmende GmbH über. Zuletzt wurde dies finanzgerichtlich in zwei Entscheidungen nochmal bestätigt (FG Münster vom 17.09.2018 – 13 K 2082/15 sowie FG Berlin-Brandenburg vom 05.03.2019, 6 K 6071/18). 

Ein geeignetes Reinvestitionsobjekt ist dabei jede Immobilie, die die aufnehmende Gesellschaft innerhalb der letzten vier bzw. sechs Jahre vor dem steuerlichen Verschmelzungsstichtag erworben hat und zu diesem Zeitpunkt noch besitzt. 

Umstritten war in beiden Entscheidungen jedoch die Frage (weshalb beide Entscheidungen auch noch nicht rechtskräftig und beim BFH anhängig sind), ob eine „6b-Rücklage“ der übertragenden GmbH bei dieser im Rahmen einer rückwirkenden Verschmelzung noch gewinnerhöhend aufzulösen ist und damit nicht auf die übernehmende GmbH übergeht, wenn der Ablauf der vier- bzw. sechsjährigen Reinvestitionsfrist exakt auf den steuerlichen Verschmelzungsstichtag entfällt. Sollte hier das FG Münster vom BFH Recht bekommen, wäre es möglich, noch im Nachhinein durch Wahl eines rückliegenden Verschmelzungsstichtages die maximale Reinvestitionsfrist der “§ 6b-Rücklage“ auszunutzen, um diese Rücklage auf ein geeignetes Reinvestitionsobjekt bei einer anderen Gesellschaft zu übertragen.

Nach der Verlängerung der steuerlichen Rückwirkung einer Verschmelzung nach dem “Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vom 17.03.2020 von acht auf zwölf Monate (dort Art. 2, § 4) wäre maximal noch ein einjähriger Überlegungszeitraum (nach dem eigentlichen Ablauf der Reinvestitionsfrist bei der übertragenden GmbH) möglich, um eine Gesellschaft mit einem geeigneten Reinvestitionsobjekt zu finden.