Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) und Inflationsausgleichgesetz
Am 14. September 2022 beschloss die Bundesregierung den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022). Ausweislich der Gesetzesbegründung hat sich in verschiedenen Bereichen des deutschen Steuerrechts fachlich notwendiger Regelungsbedarf ergeben. Dies betrifft insbesondere Anpassungen zur weiteren Digitalisierung, zur Verfahrensvereinfachung, zur Rechtssicherheit und Steuergerechtigkeit sowie zur Umsetzung des Koalitionsvertrages. Notwendig sind auch Anpassungen an EU-Recht und EuGH-Rechtsprechung sowie Reaktionen auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs.
Der Regierungsentwurf sieht zahlreiche Änderungen einzelner Gesetze und Vorschriften vor, die im Folgenden kurz zusammengefasst sind. Die Änderungen in der Umsatzsteuer (u. a. Schaffung der Verpflichtung für Zahlungsdienstleistern, bei grenzüberschreitenden Zahlungsdiensten sind bestimmte Aufzeichnungen zu den Zahlungen vorzunehmen) sowie in der erb- und schenkungsteuerlichen Grundbesitzbewertung (erhebliche Anpassungen insbesondere beim Ertragswert- und Sachwertverfahren im Bewertungsgesetz) sind Gegenstand gesonderter Beiträge, die Sie auf unserer Homepage finden.
Der Regierungsentwurf enthält weiterhin die insbesondere Privatpersonen betreffenden Änderungen, die bereits im Referentenentwurf enthalten waren (siehe unseren Beitrag vom 16. August 2022). Neu hinzu gefügt wurde die:
Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z. B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien) ab 2023 (Anfügung des § 3 Nr. 72 EStG). Die Steuerbefreiung soll dabei je Steuerpflichtigen/Mitunternehmerschaft bis max. 100 kW gelten;
Anhebung des linearen AfA-Satzes für die Abschreibung von Wohngebäuden von derzeit 2 % auf 3 % für bereits nach dem 30. Juni 2023 fertiggestellte Gebäude (Ergänzung des § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG);
Unverändert übernommen aus dem Referentenentwurf wurden die:
Abschaffung des höheren AfA-Satzes für Gebäude bei tatsächlich geringerer Nutzungsdauer von 50 oder 33 Jahren wegen der erheblichen Zunahme von Anträgen auf Ansatz einer kürzeren Nutzungsdauer und dem damit stark gestiegenen Bürokratieaufwands ab 01.01.2023 (Streichung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG);
Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags des seit 2008 unverändert gebliebenen Betrages in Höhe von EUR 801 auf EUR 1.000 und bei Zusammenveranlagung von EUR 1.602 auf EUR 2.000 Euro ab 2023 (Änderung des § 20 Abs. 9 EStG), wobei die bereits erteilten Freistellungsaufträge prozentual erhöht werden;
Schaffung der gesetzlichen Grundlage für eine ehegattenübergreifende Verlustverrechnung bei Kapitaleinkünften ab 2022 mit der Folge, dass nicht ausgeglichene Verluste des einen Ehegatten mit positiven Kapitalerträgen des anderen Ehegatten in der Veranlagung ausgeglichen werden können (Ergänzung des § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG);
Voller Sonderausgabenabzug der Beiträge zur Rentenversicherung (Altersvorsorgeaufwendungen) ab dem Veranlagungszeitraum 2023 (Ergänzung des § 10 Abs. 3 S. 6 EStG);
Anhebung des Ausbildungsfreibetrags für eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes, für das Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 EStG oder Kindergeld besteht von EUR 924 auf EUR 1.200 (Änderung des § 33a EStG);
Schaffung einer Rechtsgrundlage zum Aufbau eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer (z. B. zur Auszahlung des geplanten Klimageldes). Dazu speichert das Bundeszentralamt für Steuern zu natürlichen Personen die für sie übermittelte internationale Kontonummer (IBAN), bei ausländischen Kreditinstituten auch den Business Identifier Code (BIC) (Ergänzung des § 139b AO).
Für ausländische Unternehmen relevant ist die Aufhebung der sogenannte Registeranknüpfung (Änderung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG). Die bisher geltenden Regeln zur Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger, die nur auf Grund der Vermietung und Verpachtung oder der Veräußerung eines in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragenen Rechts (sogenannte Registerfälle) der Besteuerung in Deutschland unterliegen, sind den Erkenntnissen des Bundesministeriums der Finanzen folgend zurückzunehmen und damit für die Zukunft weitgehend abzuschaffen. Damit wird die erst seit kurzem von der Finanzverwaltung umgesetzte Regelung, die vor allem in Deutschland bislang nicht der Steuerpflicht unterfallende Unternehmen in Aufregung versetzt hat, ab dem 1. Januar 2023 größtenteils wieder abgeschafft. Einzelheiten hierzu finden Sie in einem gesonderten Artikel (in englischer Sprache) auf unserer Homepage.
Neu und zu begrüßen sind die geplanten Änderungen bei der Besteuerung von Photovoltaikanlagen – einerseits die Befreiung von Ertragsteuer, wenn gewisse Bruttoleistungen eingehalten werden, andererseits die Entlastung von Lieferungen und Installationen solcher Anlagen von der Umsatzsteuer.
Die erhoffte Eindämmung der kalten Progression hat nun ihren Niederschlag im Inflationsausgleichgesetz gefunden, dessen Regierungsentwurf auch am 14. September 2022 beschlossen wurde. Das Gesetz sieht zwei Entlastungsschritte vor - ab 2023 und ab 2024. Ziel ist es, inflationsbedingte Mehrbelastungen auszugleichen und Familien gezielt zu unterstützen.
Nach den Plänen erhöht sich zum einen der Grundfreibetrag von aktuell EUR 9.984 auf EUR 10.347 (2022 neu), EUR 10.632 (2023) und EUR 10.932 in 2024. Darüber hinaus wird der Steuertarif angepasst. Der Höchststeuersatz von 42% greift derzeit bereits bei einem zu versteuernden Einkommen von EUR 58.597 (für Einzelveranlagte); dieser Satz greift in 2023 erst bei EUR 61.972 und in 2024 bei EUR 63.515. An der sogenannten Reichensteuer verändert sich nichts: der Steuersatz von 45 % greift unverändert ab einem zu versteuernden Einkommen von EUR 277.826.
Auch Eltern, die Kindergeld für ihren Nachwuchs beziehen, können sich freuen. Das Kindergeld für das erste, zweite und dritte Kind steigt 2023 auf EUR 237 pro Monat, für das vierte und jedes weitere Kind auf EUR 250.
Für beide Gesetzesvorhaben ist die Verabschiedung noch in diesem Jahr geplant. Bis dahin wird der Bundesrat Stellung nehmen sowie der Finanzausschuss des Bundestags seine Beschlussempfehlung abgeben. Wir rechnen damit, dass die geplanten Änderungen kommen; ggf. werden noch weitere Entlastungen folgen.