Referentenentwurf zur CSRD: Auswirkungen auf das HGB

Am 22. März 2024 hat das Bundesministerium der Justiz den mit Spannung erwarteten Referentenentwurf (RefE CSRD-UG) für ein Gesetz veröffentlicht, das die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, die sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), in nationales Recht überführt. Neben umfangreichen Änderungen im Handelsgesetzbuch sind auch entsprechende Anpassungen in anderen betroffenen Gesetzen, wie dem Aktiengesetz und der Wirtschaftsprüferordnung vorgesehen. Auch wird in dem Zuge das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz angepasst. Wir haben die zentralen Punkte dieses Entwurfs für Sie destilliert und bieten einen Überblick zu den Hauptelementen des Gesetzes, insbesondere im Hinblick auf mittelständische Unternehmen, die nicht kapitalmarktorientiert sind.

Größenkriterien

Auf Basis des Gesetzesentwurfs sind Unternehmen grundsätzlich sowohl auf Ebene der Einzelgesellschaft als auch auf der Ebene von (Teil-)Konzernen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Dies betrifft nicht nur kapitalmarktorientierte Unternehmen und Emittenten aus Drittländern, die Deutschland als Herkunftsstaat ausgewählt haben, sondern auch große Kapitalgesellschaften und diesen gleichgestellten großen Personengesellschaften. Ausgenommen sind lediglich dem Publizitätsgesetz unterliegende Unternehmen. Die für die Berichtspflicht entscheidenden Größenkriterien für Unternehmen orientieren sich an den kürzlich aktualisierten Kriterien nach § 267 HGB der Finanzberichterstattung. Für die Entscheidung der Berichtspflicht eines (Teil-)Konzerns sind ebenfalls die geänderten Größenkriterien (§ 293 Abs. 2 HGB) oder die aus § 293 Abs. 1 HGB (Bruttomethode) bekannten heranzuziehen. Genauere Informationen dazu finden Sie in unserem Newsletter 01/2024.

Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen

Die Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird schrittweise zwischen 2024 und 2028 eingeführt, beginnend mit den großen kapitalmarktorientierten Unternehmen. Große Kapitalgesellschaften sind demnach zur Anwendung für das Geschäftsjahr, das am oder nach dem 1. Januar 2025 beginnt, verpflichtet. Sofern der Konzernumsatz in der EU über EUR 150 Mio. liegt, sind auch Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen von Konzernen, deren oberstes Mutterunternehmen außerhalb der EU ansässig ist, ab dem 1. Januar 2028 jährlich dazu verpflichtet, einen geprüften Nachhaltigkeitsbericht auf Konzernebene vorzulegen. Sollte das Mutterunternehmen dieser Verpflichtung nicht nachkommen, sind die Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen grundsätzlich selbst verpflichtet, einen Bericht zu erstellen.

Befreiung von der Berichtspflicht

Der Gesetzentwurf sieht allerdings Möglichkeiten zur Befreiung von der Berichtspflicht vor. Von der Berichterstattung befreit sind Unternehmen, wenn diese als Tochterunternehmen und ggf. deren Tochtergesellschaften wiederum in den Konzernlagebericht eines übergeordneten Mutterunternehmens mit Sitz in der EU aufgenommen werden und das Mutterunternehmen ihren Konzernlagebericht um einen Konzernnachhaltigkeitsbericht ergänzt. Eine ähnliche Befreiung ist möglich, wenn der (Konzern-)Nachhaltigkeitsbericht eines Mutterunternehmens aus einem Drittland den EU-Standards entspricht und die erforderlichen Angaben enthält. Diese Berichte müssen dennoch geprüft und veröffentlicht werden. In diesem Fall muss der Lagebericht eines befreiten Tochterunternehmens verpflichtende Informationen enthalten, wie den Namen und Sitz des Mutterunternehmens, das den befreienden Konzernlagebericht inklusive des befreienden Konzernnachhaltigkeitsberichts erstellt, die Webseite, auf der der Bericht und der Prüfungsvermerk in deutscher oder englischer Sprache verfügbar sind, und die Information, dass das Unternehmen von der Berichtspflicht befreit ist. Große Tochterunternehmen, die hingegen selbst kapitalmarktorientiert sind, können diese Befreiung nicht in Anspruch nehmen.

Weitere Neuerungen

Nicht Gegenstand des Referentenentwurfs sind die Inhalte der Nachhaltigkeitsberichterstattung selbst. Vielmehr sollen diese perspektivisch durch die CSRD und die von der Europäischen Kommission verabschiedeten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) festgelegt werden.

Weiter konstatiert der Entwurf, dass der Nachhaltigkeitsbericht als separater Teil des (Konzern-)Lageberichts zu erstellen ist. Auch müssen Unternehmen ihren (Konzern-)Lagebericht im einheitlichen europäischen elektronischen Berichtsformat (ESEF) erstellen und den Nachhaltigkeitsbericht zudem mit einem digitalen Mark-up versehen. Allein dies stellt für den mittelständischen Anwender eine Neuerung dar, die es im Rahmen des Erstellungsprozesses frühzeitig zu berücksichtigen gilt.

Künftige Prüfungsstandards

Der Referentenentwurf bestätigt das zwingende Erfordernis einer externen Prüfung der (Konzern-)Nachhaltigkeitsberichte. Dabei soll zunächst eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit (sog. „limited assurance“) ausreichen. Bis Oktober 2028 soll jedoch die EU-Kommission Prüfungsstandards für eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit (sog. „reasonable assurance“) verabschieden und damit der Prüfungsumfang entsprechend steigen. Auch wurde in der vorliegenden Entwurfsfassung geregelt, dass die Prüfung durch den Abschlussprüfer selbst oder einen anderen Wirtschaftsprüfer erfolgen soll. Der zuständige Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts ist dabei – analog des Abschlussprüfers – von den Gesellschaftern zu wählen. Damit wurde zugleich der viel diskutierten Alternative der Prüfung durch einen unabhängigen Bestätigungsdienstleister wie etwa dem TÜV eine Absage erteilt. Gemäß dem Tenor des Referentenentwurfs wird der Wirtschaftsprüfer das Prüfungsergebnis über den (Konzern-)Nachhaltigkeitsbericht in einem separaten Prüfungsvermerk zusammenfassen und zudem in einem Prüfungsbericht über die Art, den Umfang und die Ergebnisse berichten.

Wer trägt die Verantwortung?

Der Referentenentwurf enthält keine spezifischen Vorschriften zur Verantwortlichkeit für die Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts. Da der Bericht jedoch als Teil des Lageberichts fungiert, liegt die Verantwortung für die Erstellung – analog des Jahres- und Konzernabschlusses – beim Vorstand oder der Geschäftsführung. Soweit vorhanden erweitert sich die Verantwortlichkeit auf den Aufsichtsrat bzw. Beirat. Nicht zuletzt ist auch darauf hinzuweisen, dass damit die aus den §§ 331 - 334 HGB bekannten Straf- und Bußgeldvorschriften auch für unrichtige Darstellungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung anwendbar sind.

Angesichts des großen Implementierungsaufwands, der umfangreichen Regelungen und der noch immer existierenden Unsicherheiten, verbunden mit möglichen Änderungen, empfehlen wir eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Gerne  unterstützen wir Sie – gemeinsam mit unserem Kooperationspartner, der sustainable AG Unternehmensberatung – die Anforderungen aus der CSRD, der ESRS und dem Referentenentwurf (RefE CSRD-UG) in die Praxis umzusetzen.

Den ebenfalls im März 2024 veröffentlichten Entwurf einer Modulverlautbarung durch das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) werden wir im kommenden Newsletters aufgreifen. Die fünf Module der Verlautbarung befassen sich mit Fragen und Antworten zu den ESRS, besonders zu dem Herzstück einer jeden Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Wesentlichkeitsanalyse, aber auch der Berichterstattung selbst.