Revival der Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen?

Sie war bereits im Gesetzesentwurf zum Wachstumschancengesetz enthalten, schlussendlich jedoch nicht verabschiedet worden: die Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen. Diese Mitteilungspflicht erlebt nun im Entwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes (SteFeG) 2024 ein Revival. Analog der bereits bestehenden Meldepflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen (sog. DAC 6) kann die Pflicht neben dem steuerlichen Berater und anderen sog. Intermediären auch den Mandanten direkt betreffen.

Das Ziel der geplanten und bereits bestehenden Mitteilungspflichten besteht darin, dem Gesetzgeber und den Finanzbehörden zeitnah Informationen bereitzustellen, um steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten frühzeitig zu erkennen und rascher gegen ungewollte und unerwünschte Steuergestaltungen vorgehen zu können.

Kernelemente und Begrifflichkeiten

Die geplanten Regelungen zu innerstaatlichen Meldepflichten nach §§ 137l bis 138n AO-E lehnen sich an die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur Mitteilungspflicht über grenzüberschreitende Steuergestaltungen nach den §§ 138d bis 138h AO an und übernehmen dabei wesentliche Kernelemente und Begrifflichkeiten. So soll die Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen in erster Linie den Intermediär der Steuergestaltung treffen, also die Person, die eine Steuergestaltung vermarktet, konzipiert, organisiert, zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet. Ist kein meldepflichtiger Intermediär vorhanden – z. B. weil der beratende Steuerberater nicht in Deutschland ansässig ist – oder hat der sogenannte Nutzer der Gestaltung diese selbst – z. B. in einer In-House Steuerabteilung – entworfen, trifft die Meldepflicht den Nutzer. Darüber hinaus ist der sogenannte Nutzer in Bezug auf bestimmte personenbezogene Daten immer dann meldepflichtig, wenn der Intermediär einer Geheimhaltungspflicht unterliegt und von dieser nicht entbunden wurde.

Auch für die Meldepflicht der innerstaatlichen Steuergestaltung bestehen ähnliche Voraussetzungen wie im Rahmen der Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung den Begriff der Steuergestaltung eher weit fasst:

  • Es muss eine Steuergestaltung vorliegen.

  • Die Gestaltung muss eine Steuer vom Einkommen oder Vermögen, die Gewerbesteuer, die Erbschaft- oder Schenkungsteuer oder die Grunderwerbsteuer zum Gegenstand haben.

  • Die Gestaltung muss zudem ein bestimmtes Kennzeichen (sog. „Hallmark“) erfüllen, und aus Blickwinkel eines vernünftigen Dritten muss zu erwarten sein, dass eine vorteilhaftere Besteuerung der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile der Gestaltung ist.

Die im Referentenentwurf vorgesehenen meldepflichtigen Kennzeichen ähneln ebenfalls den bereits bekannten Hallmarks. Diese sind teils konkret, wie etwa die Vereinbarung besonderer Vertraulichkeitsklauseln, die zu einer Meldepflicht führen. Teilweise fehlt jedoch eine klare Abgrenzung, beispielsweise bei dem Merkmal einer „standardisierten Dokumentation oder Struktur“.

Grössenkriterien bringen Erleichterung

Erleichternd – und diese Erleichterung gibt es bei DAC 6 nicht – ist geplant, die Meldung auf bestimmte Nutzer einzugrenzen: So sollen nur solche Nutzer der Meldepflicht innerstaatlicher Steuergestaltungen unterliegen, die bestimmte Größenkriterien überschreiten, z. B. einen jährlichen Umsatz von mehr als EUR 50 Mio., ein jährliches Einkommen von mehr als EUR 2 Mio. oder jährliche Einkünfte von mehr als EUR 2 Mio. (Ehepaare EUR 4 Mio.) aufweisen. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Größenmerkmale teilweise zu modifizieren sind und somit etwa auch Unternehmen mit geringerem jährlichen Einkommen betroffen sein können. Für Konzerngesellschaften, Anleger in Investmentfonds oder im Rahmen von Gestaltungen, die Erbschaften oder Schenkungen betreffen, sind abweichende Größenkriterien vorgesehen.

Vorgaben für Meldende

Wenn eine meldepflichtige innerstaatliche Gestaltung vorliegt, sind Informationen zur Gestaltung und persönliche Angaben zum Nutzer sowie ggf. mit dem Nutzer verbundene Personen elektronisch an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Der Gesetzesentwurf sieht für diese Meldung eine Frist von zwei Monaten vor. Eine Verletzung der Frist oder der Meldepflicht soll eine Ordnungswidrigkeit darstellen, die mit einem Bußgeld von bis zu EUR 10.000 geahndet werden kann. Zum Vergleich: Bei einer Verletzung der bestehenden Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen beträgt das maximale Bußgeld derzeit EUR 25.000.

Der Meldende (Intermediär oder Nutzer) soll nach der Meldung vom Bundeszentralamt für Steuern eine sog. Registrier- und eine sog. Offenlegungsnummer erhalten. Diese Nummern sind für eine weitere Meldepflicht relevant: So ist geplant, dass meldepflichtige innerstaatliche Steuergestaltungen auch in der Steuererklärung anzugeben sind, in der sie sich erstmals steuerlich (positiv) auswirken. Auch diese Regelung soll bußgeldbehaftet sein.

Auswirkungen

Die geplante Einführung bzw. Erweiterung der Meldepflicht bringt sowohl für Intermediäre, allen voran Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, als auch für Mandanten als mögliche Nutzer der Beratung, vielfältige Verpflichtungen und Unsicherheiten mit sich. Auch wenn entsprechende Prozesse zur Identifikation und Meldung aufgrund der bestehenden Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltung bei Kanzleien und größeren Unternehmen bereits implementiert sind, werden die Prozesse bei einer Ausweitung der Meldepflicht auf innerstaatliche Konstellationen erheblich an Umfang und Aufwand gewinnen.

Die Ampelparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag die Einführung einer innerstaatlichen Meldepflicht vereinbart. Eine Umsetzung ist bislang u. a. aufgrund des Widerstands diverser Verbände und Organisationen gescheitert. Ob es diesmal erneut bei einem Versuch bleibt oder ein neues Bürokratiemonster erschaffen wird, bleibt abzuwarten. Die Stellungnahme des Bundesrats zum Regierungsentwurf wird voraussichtlich am 27.09.2024 erwartet.