Mensch oder Maschine – Wie KI das Sein verändert

Wer bin ich und was habe ich mit meinem Intellekt geschaffen? Diese Frage verschwimmt mit den Möglichkeiten generativer KI zunehmend. Von wem etwa stammt der nachfolgende Text – Mensch oder Maschine?

„In der Steuerberatung ermöglicht der Einsatz generativer KI die Delegation repetitiver Tätigkeiten an die Maschine, wodurch sich Experten auf komplexe Probleme und kreative Aufgaben konzentrieren können. Dies erfordert jedoch, dass der Mensch durch ein gezieltes Upskilling in die Lage versetzt wird, generative KI möglichst zielgerichtet, verantwortungsvoll und reflektierend einzusetzen.“

Richtig ist, von Beiden, von Mensch und Maschine. So stammt der Text zwar von ChatGPT, dabei wurde das Sprachmodell bzw. die hierfür verwendete MyGPT-Instanz jedoch vorweg mit meinem persönlichen Sprachstil trainiert. Dazu ist es inzwischen geübte Praxis, Texte –  vom ersten Rohentwurf bis zur finalen Fassung – im Ping Pong mit dem Bot solange zu trimmen, bis man schließlich mit dem Ergebnis zufrieden ist. Doch wessen „geistige“ Leistung steht nun im Vordergrund – ist dies ein Text, den ich für mich oder die Maschine für sich proklamieren kann? Alleine dieses Beispiel illustriert, dass die Interaktion zwischen Mensch und Maschine zunehmend verschwimmt. So werden wir immer weniger trennscharf feststellen können, ob es sich um einen vom Menschen formulierten Beitrag oder einen synthetischen Text handelt. Und genau dies illustriert zugleich die Mensch-Maschine-Beziehung, in welcher die Fähigkeiten verschmelzen, idealerweise ein Duett entsteht, welches „Hand-in-Hand“ Texte, Bilder oder Videos generiert. Hinzu kommt die zunehmende Heterogenität auf der Inhaltsseite, etwa dann, wenn das Sprachmodell bei der Textgenerierung wahlweise auf geschützten Verlags-Content, eigene Inhalte oder sein antrainiertes Weltwissen zugreift. Dabei sind es gerade diese Kombinationen, welche das Antwortverhalten deutlich verbessern. Von daher ist es auch keine Kür, sondern vielmehr eine Pflicht, sich neben den technischen auch zugleich mit den rechtlichen Implikationen zu beschäftigen.

Für mich dennoch ungelöst bleibt die Frage nach dem „Ich“. Aber vielleicht muss man auch anerkennen, dass die KI künftig ein „Teil“ von uns wird, ein digitaler Begleiter, ein Enabler, ja, eine Art Geburtshelfer für menschliche Inhalte, dessen Halbwertszeit unser aller Dasein übertrifft und so die Möglichkeit schafft, auch im Jahr 2100 noch Texte von Stefan Groß zu generieren. Ob ich das will, darüber muss ich erst noch nachdenken …