Irren ist menschlich – und strafrechtlich hilfreich.

Ein kleiner Fall aus der Praxis: Die Tochter heiratet, der Vater denkt ob der Kosten der Hochzeit an die eigene steuerliche Veranlagung und setzt nicht die Tochter, sondern die Kosten der Feierlichkeit vollumfänglich als Betriebsausgabe an. Zur Begründung gibt er an, dass auf der Veranstaltung überwiegend Geschäftskunden zugegen waren. Von seinem Steuerberater wurde er vor Abgabe der Steuererklärung dahingehend beraten, dass es ausreichend sei, wenn ein Großteil der Hochzeitsgäste Geschäftskontakte darstellen würden, um die gesamten Kosten der Feierlichkeit als Betriebsausgabe steuerlich in Ansatz zu bringen.

Steuerstrafverfahren eingeleitet

Umso überraschter ist der Brautvater später, als ihm im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung von der Betriebsprüfung eröffnet wird, dass der Betriebsausgabenabzug unzulässig sei und gegen ihn ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wird. Steuerstrafrechtlich stellen sich hier sofort zwei Fragen: Zum einen, ob und in welchem Umfang der Betriebsausgabenabzug gerechtfertigt war und inwieweit nicht, und zum anderen, ob dem Vater der zuvor eingeholte steuerliche Rat in strafrechtlicher Hinsicht hilft, um weitergehende steuerstrafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Die Frage der strafmildernden oder gar strafvermeidenden Berücksichtigung steuerlicher Vorberatung im Steuerstrafverfahren ist dabei gar nicht so einfach zu beantworten, denn, Sie ahnen es bereits: Es kommt darauf an.

Tatbestandsirrtum

Soweit der Vater hier tatsächlich nachweisen kann, eine entsprechende steuerliche Beratung in Richtung vollumfänglichen Betriebsausgabenabzugs der Hochzeitskosten erhalten zu haben, hat er Glück: Er kann sich auf einen Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 StGB berufen. Dies hängt jedoch im Wesentlichen davon ab, wie klar der erhaltene steuerliche Rat war. Jede Art von „sprachlichem Weichzeichnen“ („könnte ggf.“, „unter bestimmten Voraussetzungen“) kann sich in diesem Zusammenhang nachteilig auswirken. Daher die Empfehlung, steuerliche Beratung schriftlich zu dokumentieren – nicht nur für den Berater, der seine Haftungsrisiken minimieren will, sondern hier in erster Linie für den Steuerpflichtigen – , denn es soll auch schon vorgekommen sein, dass Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft eine Strafbarkeit sehen, wo tatsächlich keine ist. Liegt ein Tatbestandsirrtum vor,  führt dieser zum Vorsatzausschluss und damit zur Straflosigkeit des Verhaltens des Vaters.

Nicht hilfreich gewesen wäre in unserem Beispielsfall, wenn die steuerliche Beratung durch den französischen Haus-und-Hof-Steuerberater des Vaters erfolgt wäre, denn wie der Bundesgerichtshof (zutreffend) in Zusammenhang mit einer dem Baulöwen Schneider gewährten Fluchthilfe entschieden hat, macht sich wegen Strafvereitelung schuldig, wem von einem Schweizer Rechtsanwalt erklärt wurde, dass Fluchthilfe in Deutschland nicht strafbar sei. Steuerliche Vorberatung ist deshalb strafrechtlich wertlos, wenn sie nicht durch einen in dem Land, in dem der Sachverhalt der Besteuerung unterliegt, zugelassenen, ausgewiesenen Spezialisten erfolgt. Bei grenzüberschreitenden steuerlichen Sachverhalten ist daher sicherzustellen, dass nachweislich durch in den jeweiligen Jurisdiktionen zugelassene Spezialisten beraten worden ist und dies zugleich aus der Dokumentation der steuerlichen Beratung eindeutig hervorgeht.