Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen

Am 19.12.2024 veröffentlichte der Bundesfinanzhof (BFH) eine weitere Entscheidung zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Sponsoring- und Werbeaufwendungen, in der die relevanten Kriterien zur rechtlichen Einordnung von Verträgen für Werbe- und Sponsoringleistungen dezidiert dargestellt wurden (Urteil vom 16.09.2024, Az. III R 36/22). Je nach Inhalt der jeweiligen Sponsoring- und Werbeverträge ist eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für das gesamte vereinbarte Entgelt vorzunehmen, es unterliegen nur Teile des Entgelts der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung oder aber eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung scheidet insgesamt aus.

Gesetzliche Regelung

Gemäß § 8 Nr. 1 GewStG ist zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb u. a. ein Viertel der Summe aus einem Fünftel bzw. aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe einen bestimmten Betrag (im Erhebungszeitraum 2025: EUR 200.000) übersteigt (§ 8 Nr. 1 lit. d und e GewStG).

Zu entscheidender Sachverhalt

Bei dem betroffenen Unternehmen („Steuerpflichtiger“) handelte es sich um ein Dienstleistungsunternehmen, das einen “B-Park“ betrieb. Zu Werbezwecken trat der Steuerpflichtige u. a. als Sponsor von zwei Fußballvereinen auf und bezog bei Werbeunternehmen Leistungen der Mobil- und Plakatwerbung im öffentlichen und privaten Raum. Im Einzelnen handelte es sich bei den Sponsoringaufwendungen für die beiden Fußballclubs um Brustsponsoring auf den Spielertrikots, Bodenwerbung auf dem Spielfeld des Fußballplatzes, Anzeigen in Programmheften zu den Spielen, um die Darstellung des Logos des Steuerpflichtigen auf der Vereinshomepage und auf der Pressewand sowie um Bandenwerbung. Im Rahmen der Mobil- und Plakatwerbung erfolgte die Anmietung von Werbeflächen an U-Bahnen, S-Bahnen, Straßenbahnen sowie in Bahnhöfen und im öffentlichen Raum, in Gaststätten und an Autobahnen von anderen Unternehmen, die regelmäßig nicht Eigentümer der angemieteten Wände, Säulen, Treppen und Verkehrsmittel waren. Dabei entfielen die Werbeaufwendungen auch teilweise auf die Produktion und Lagerung von Plakaten und Werbematerial sowie auf die Schaltung von Werbespots im Fahrgast-TV öffentlicher Verkehrsmittel. Eine genaue Aufteilung der Werbeaufwendungen war dabei nicht in jedem Fall möglich, da die Leistungsbeschreibungen in den jeweiligen Rechnungen nicht immer eindeutig waren.

Urteil der Vorinstanz

Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg als Vorinstanz urteilte am 23.08.2022 klar zugunsten des Steuerpflichtigen (Az. 5 K 5101/20): Aufwendungen eines Unternehmens für die Anmietung von Werbeflächen sowie Sponsoringaufwendungen für Fußballclubs unterliegen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 lit. d oder e GewStG, da die angemieteten Werbeflächen nicht zum fiktiven Anlagevermögen des Unternehmens gehören. Zwar könne ein Gegenstand auch dann fiktives Anlagevermögen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet oder gepachtet werde. Die angemieteten Werbeflächen gehörten jedoch nicht zum fiktiven Anlagevermögen des Steuerpflichtigen, da es dessen Unternehmensgegenstand nicht gebot, derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb vorzuhalten. Vielmehr sei es die „freie und regelmäßig neu vorzunehmende Entscheidung“ des Steuerpflichtigen, ob und in welchem Umfang er aus Werbezwecken Werbeflächen nutzen wolle.

Zulassung der Revision

Da das FG Niedersachsen am 11.11.2021 hingegen bei einem vergleichbaren Sachverhalt das Vorliegen von Anlagevermögen und in der Folge eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung bejaht hatte (Az. 10 K 29/20), war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision gegen das Urteil des FG Berlin-Brandenburg zuzulassen, die das zuständige Finanzamt auch einlegte.

BFH-Urteil vom 16.09.2024

Der BFH führte in seinem Folgeurteil detailliert aus, dass entscheidende Voraussetzung für die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Nr. 1 lit. d und e GewStG ist, dass das betreffende Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen gehören würde, wenn der Steuerpflichtige nicht Mieter oder Pächter, sondern Eigentümer dieses Wirtschaftsguts wäre. Diese Beurteilung habe unter hinreichender Berücksichtigung des Geschäftsgegenstands des Steuerpflichtigen zu erfolgen und sich so weit wie möglich an dessen betrieblichen Verhältnissen zu orientieren. Beides sei durch das FG Berlin-Brandenburg nicht berücksichtigt worden. Selbst wenn die Werbung bei einem Dienstleistungsunternehmen wie dem Steuerpflichtigen nicht originärer Geschäftszweck sei, diene sie doch der Vermarktung der angebotenen Dienstleistung. Werbung sei darauf angelegt, andere dafür zu gewinnen, die angebotenen Leistungen in Anspruch zu nehmen. Sie könne auf die Steigerung des Bekanntheitsgrades, die Gewinnung neuer sowie die Bindung bestehender Kunden abzielen und diene damit letztlich der Umsatz- und Gewinnerzielung.

Das FG hätte daher berücksichtigen müssen, dass der Steuerpflichtige kontinuierlich Werbemaßnahmen ergriffen habe. Das FG hätte daher nähere Feststellungen dazu treffen müssen, ob der Steuerpflichtige bestimmte Werbeträger längerfristig oder gleichartige (austauschbare) Werbeträger wiederholt kurzfristig genutzt hat. In letztgenanntem Fall wäre weiter aufzuklären gewesen, mit welcher Häufigkeit und in welchem Gesamtumfang derartige Nutzungen stattgefunden haben, da diese Informationen Indizien dafür sein können, dass die Klägerin derartige Werbeträger ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb benötigte.

Darüber hinaus habe das FG die erforderlichen Feststellungen zum Inhalt der mit den Vereinen und den Werbeunternehmen geschlossenen Verträge bisher noch nicht getroffen, sodass die erforderliche rechtliche Einordnung der Verträge nicht vorgenommen werden könne. Gegenstand einer möglichen Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 lit. d oder e GewStG sei das Vorliegen von Miet- und Pachtzinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts (§§ 535 ff., 581 ff. BGB). Der Nutzungsvertrag müsse daher seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts sein. Für die zivilrechtliche Typisierung des Vertragsverhältnisses sei maßgeblich, mit welchem Inhalt die Beteiligten das Vertragsverhältnis geregelt und tatsächlich durchgeführt haben. Hieraus ergeben sich nach Auffassung des BFH letztlich drei Vertragstypen mit unterschiedlichen Folgen für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung der vereinbarten Entgelte:

1. Der Vertrag ist seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Mietvertrag (auch wenn er untergeordnete Nebenleistungen enthält, die dem Vertragstyp „Miete“ nicht entsprechen).

In diesem Fall unterliegt das gesamte Entgelt der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.

2. Der Vertrag enthält wesentliche mietfremde Elemente.

a) Gemischter Vertrag mit trennbaren Hauptpflichten

Der Vertrag kann in seine durch die Hauptpflichten bestimmten wesentlichen Elemente zerlegt und teilweise als Mietvertrag angesehen werden. Eine entsprechende Zerlegung ist möglich, wenn sich der Vertrag als ein Nebeneinander von Hauptpflichten verschiedener Vertragstypen darstellt, mithin (rechtlich) trennbare Leistungskomponenten enthält, die sich einer unterschiedlichen Beurteilung zuführen lassen.

In diesem Falle ist nur der Teil des Entgelts gewerbesteuerlich hinzuzurechnen, der auf die Gebrauchsüberlassung entfällt.

b) Typenverschmelzungsvertrag

Eine Trennbarkeit scheidet aus, wenn der Vertrag wesentliche miet- oder pachtfremde

Elemente enthält, die ihn einem anderen Vertragstyp zuordnen oder zu einer Einordnung als Vertrag eigener Art führen. Dies kann dann der Fall sein, wenn die verschiedenen Leistungspflichten so miteinander verschmolzen sind, dass ein Vertragsgebilde ganz eigener Art entsteht, welches nicht mehr nur als ein Nebeneinander von Leistungen verschiedener Vertragstypen charakterisiert werden kann.

Aufgrund der fehlenden Trennbarkeit der Leistungskomponenten erfolgt keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung (auch nicht anteilig für die im Vertrag enthaltenen Miet- und Pachtelemente).

Da das FG Berlin-Brandenburg nach Auffassung des BFH die erforderlichen Feststellungen zu den Inhalten der einzelnen Verträge nicht getroffen hat und daher eine rechtliche Einordnung der Sponsoring- und Werbeverträge für den BFH nicht möglich war, wurde das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und an diese zurückverwiesen, um die fehlenden Feststellungen nachzuholen und auf Basis der vom BFH vorgegebenen Kriterien die Höhe der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung festzustellen.