Bürokratieentlastungsgesetz IV

Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz zielt darauf ab, die Bürokratie in Deutschland zu reduzieren, insbesondere durch die Lockerung von Schriftformerfordernissen bei verschiedenen Rechtsgeschäften, wie langfristigen Mietverträgen. Nach Annahme durch den Bundestag stimmte der Bundesrat am 18.10.2024 zu, sodass das Gesetz nun ausgefertigt und verkündet werden kann.

Schriftformerfordernis bei Gewerberaummietverträgen

Das Schriftformerfordernis, wie es bisher in §§ 550, 578 BGB für langfristige Mietverträge festgelegt ist, verlangt, dass wesentliche Vertragsinhalte wie die Identität der Vertragsparteien, der Mietgegenstand, die Laufzeit und die Miethöhe eindeutig und widerspruchsfrei aus der schriftlichen Vertragsurkunde hervorgehen müssen. Dieses Erfordernis hat sich in der Praxis als komplex und herausfordernd erwiesen, insbesondere wenn im Laufe der Zeit Änderungen am Vertrag vorgenommen werden.

Das Problem: Ein Verstoß gegen die Schriftform kann zur Kündbarkeit des gesamten – häufig über Jahre bis zu Jahrzehnte abgeschlossenen – Mietvertrags führen. Vor allem wenn sich eine der Parteien von einem unliebsamen Mietvertrag lösen möchte, wird die Schriftform oft zur Vertragsauflösung missbraucht. Eine Praxis, die nicht der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers entspricht.

Historisch diente das Schriftformerfordernis dem Schutz des Erwerbers einer vermieteten Sache, der in die Rechte und Pflichten des Verkäufers eintritt („Kauf bricht nicht Miete“). Die Schriftform sollte dem Erwerber ermöglichen, sich von einem Vertrag zu lösen, wenn er über dessen Inhalt nicht vollständig informiert war, weil der Vertrag, ein Nachtrag oder anderweitige Zusatzvereinbarungen nicht schriftlich festgehalten wurden.

Die Rechtsprechung erweiterte diese Möglichkeit jedoch über den Erwerber hinaus auch auf die Vertragsparteien. Dadurch können sich auch der Mieter und der Vermieter – unabhängig eines etwaigen Verkaufs – auf das Schriftformerfordernis berufen und sich durch Kündigung von langfristigen Verträgen lösen, wenn ein Formverstoß vorlag.

Neuregelung

Diese Fälle sollen nun durch Herabstufung des Schriftformerfordernisses auf Textform reduziert, der Abschluss sowie die Änderung von Gewerbemietverträgen (nicht Wohnraummiete) vereinfacht und der Weg für eine zunehmend digitalisierte Vertragsgestaltung geebnet werden.

Textform ist vereinfacht gesagt dann gegeben, wenn die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert werden kann (z. B. E-Mails, Messenger-Nachrichten oder andere elektronische Dokumente), die Person des Erklärenden genannt ist und die Erklärung dem Empfänger zur Reproduktion zur Verfügung steht.

Übergangsvorschrift

Für bestehende Mietverhältnisse gilt eine Übergangsfrist von zwölf Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes, in der noch die alte Rechtslage anzuwenden ist. Während dieser Zeit sind Kündigungen aufgrund von Formmängeln noch möglich. Nach Ablauf der Frist sollen nach Ansicht des Gesetzgebers auch bestehende Verträge, die nicht in schriftlicher, aber in Textform abgeschlossen wurden, nicht mehr als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelten.

Die Hoffnung war groß, dass mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV endlich Vereinfachungen in Sachen Schriftform im gewerblichen Mietrecht geschaffen werden. Der erhoffte große Wurf bleibt jedoch leider aus. Ganz im Gegenteil dürfte die neue gesetzliche Regelung und ein leichtfertiger Umgang mit ihr erhebliche Gefahren für gewerbliche Mieter und Vermieter mit sich bringen. Zwar bedarf es in der Tat keiner Unterschrift unter der Vertragsurkunde oder etwaigen Zusätzen mehr. Fraglich bleibt jedoch, ob sämtliche weitere von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze (z. B. Grundsatz der Urkundeneinheitlichkeit, Bestimmtheitsgrundsatz etc.) weiterhin zu beachten sind. Sollte dem so sein, produzieren Mieter und Vermieter nur allzu schnell einen Schriftformverstoß, wenn unbedacht mittels E-Mail oder Messenger Vertragsinhalte abgeändert werden - mit der gravierenden Folge der ungewollten Kündbarkeit des Mietvertrags. Solange keine abweichende höchstrichterliche Rechtsprechung existiert, sind die Mietvertragsparteien gut beraten, weiterhin alle geltenden Grundsätze penibel zu beachten und keine leichtfertigen Vertragsabschlüsse oder -änderungen zu produzieren.