Das umsatzsteuerliche Ende der Bruchteilsgemeinschaft?
Praxistipp zur Umsatzsteuer
Der BFH erkennt nicht mehr die Unternehmereigenschaft der Bruchteilsgemeinschaft an. Dies hat erhebliche praktische Auswirkungen, insbesondere für Grundstücksgemeinschaften.
Unser heutiger Praxistipp analysiert die gestern veröffentlichte Entscheidung des BFH zur Unternehmereigenschaft von Bruchteilsgemeinschaften. Die Praxis muss sich insoweit auf einschneidende Änderungen einstellen.
Für die umsatzsteuerliche Beurteilung ist stets maßgeblich, wer leistender bzw. empfangender Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist. Der Begriff des Unternehmers ist rechtsformneutral. Deshalb können dies natürliche Personen, Kapitalgesellschaften oder auch Personengesellschaften sein. Nach bisherigem Verständnis der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung kann auch eine Bruchteilsgemeinschaft Unternehmer sein (vgl. Abschnitt 2.1 Abs. 2 S. 3 UStAE), obwohl diese weder rechtsfähig noch teilrechtsfähig ist.
Bedeutung hat dieses Verständnis insbesondere für Grundstücksgemeinschaften, die umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen. Diese und nicht ihre Gemeinschafter muss Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben und ist zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Diesem Verständnis hat der Bundesfinanzhof in seiner am 06.02.2019 veröffentlichten Entscheidung (V R 65/17) im Wege einer Rechtsprechungsänderung ein Ende gesetzt. Nach der neuen Beurteilung durch den V. Senat kann eine Bruchteilsgemeinschaft nicht Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. Vielmehr lägen zivil- und umsatzsteuerrechtlich durch die Gemeinschafter als jeweiliger Unternehmer anteilig erbrachte Leistungen vor.
Das neue Verständnis hat weitreichende praktische Konsequenzen. Insoweit wird mit Interesse verfolgt werden dürfen, wie die Finanzverwaltung auf diese Rechtsprechungsänderung reagieren wird. Denkbar ist, dass sie das Urteil über den entschiedenen Einzelfall nicht anwendet (sog. „Nichtanwendungserlass“). Sollte sie das Urteil hingegen anwenden, bedarf es u.a. einer Änderung ihrer Verwaltungsvorschriften. In diesem Fall muss sie für eine entsprechende Übergangsfrist und Vertrauensschutz sorgen. Da die Bruchteilsgemeinschaften in einer sehr hohen Anzahl vorkommen, wäre sie gut beraten, für eine lange Übergangsfrist zu sorgen. Mit Spannung kann auch verfolgt werden, ob sie die Rechtsprechung zum Anlass nimmt, auch bei anderen Personenvereinigungen für eine Revision ihrer bisherigen, auf Basis der Rechtsprechung ergangenen, Auffassung zu sorgen, z. B. bei der Erbengemeinschaft.
Praxistipp
Bei Neuabschluss von Verträgen, insbesondere Mietverträgen, müssen Sie unbedingt auf die Rechtsprechung reagieren. Dies bedeutet, dass beispielsweise bei einem etwaigen Verzicht auf die Steuerfreiheit dieser ausdrücklich von sämtlichen Gemeinschaftern erklärt wird. Selbiges gilt bei Grundstücksübertragungen.
Auch bei der Beauftragung von Eingangsleistungen, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, sollten Sie Ihren Auftragnehmer/Lieferanten dazu verpflichten, in seiner Rechnung sämtliche Gemeinschafter mit Anschrift ordnungsgemäß zu bezeichnen.
Soll vermieden werden, dass die Gemeinschafter zu Unternehmern werden, muss über Ausweichstrategien nachgedacht werden. Eine solche wäre die Errichtung von anderen Gesellschaftsformen. Dabei gilt es aber von Ihnen auch etwaige ertrag- und grunderwerbsteuerliche Rechtsfolgen in die Überlegungen miteinzubeziehen. Bei „Umwandlungen/Einbringungen“ fallen regelmäßig Beratungs- und Beurkundungskosten an.