BFH stärkt den Begünstigungstransfer bei der Erbschaftsteuer

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Der BFH ermöglicht die erbschaftsteuerliche Vergünstigung für Betriebsvermögen, für vermieteten Wohnraum und für das selbstgenutzte Familienheim unter Miterben selbst dann, wenn die Übertragung der Vermögenswerte im Rahmen der Teilung des Nachlasses erst nach mehr als sechs Monaten erfolgt.

Steuerrechtlicher Rahmen

Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben. Es entsteht insoweit von Gesetzes wegen eine Erbengemeinschaft. Bei größeren Nachlässen ist dies zumeist der Regelfall.

Die Erben müssen sodann entscheiden, ob sie den Nachlass gemeinsam fortführen oder sich auseinandersetzen. Auch unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten entscheiden sich viele Erben für das Auseinandersetzen. Im Regelfall ist eine solche Auseinandersetzung - nicht zuletzt aufgrund Überlastung der Nachlassgerichte in den Großstädten und fehlender Kenntnis der Erben über die Werte der Nachlassgegenstände - innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten eher unrealistisch. Die Auseinandersetzung hat auch erbschaftsteuerliche Auswirkungen. Setzt sich das Nachlassvermögen aus erbschaftsteuerlich begünstigten und nicht begünstigten Vermögen zusammen, so steht die jeweilige Vergünstigung nur demjenigen zu, der den Vermögensgegenstand erhält und auch fortführt. Die Finanzverwaltung verlangt hierfür eine zeitnahe Auseinandersetzung, die von ihr nach Ablauf einer Sechs-Monatsfrist nur in Ausnahmefällen akzeptiert wird.

Sachverhalt

Zwei Brüder erbten von ihren im Dezember 2015 innerhalb einer Woche nacheinander verstorbenen Eltern mehrere Grundstücke, eine 20 % Kommanditbeteiligung an einer GmbH & Co. KG (KG) sowie die 20 % Beteiligung an der Komplementär-GmbH. Mitte Februar 2018 übertrugen der Kläger und sein Bruder untereinander zum Zwecke der Erbauseinandersetzung verschiedene Grundstücke. Mit weiterer Urkunde vom Dezember 2018 übertrug der Bruder des Klägers den auf ihn im Wege des Todes übergegangenen 10%igen Anteil an der KG unentgeltlich an den Kläger. Im Streitfall ging es um drei verschiedene Steuerbefreiungen, konkret um die Begünstigung

  • für Betriebsvermögen

  • für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke,

  • für die Nutzung des eigengenutzten Familienheims.

Das Finanzamt versagte dem Kläger in Bezug auf die von seinem Bruder übertragenen Vermögensgegenstände die erbschaftsteuerliche Begünstigung mit der Begründung, dass die Sechsmonatsfrist verstrichen und auch kein Ausnahmefall erkennbar sei.

Bereits das vom Kläger angerufene Finanzgericht Düsseldorf verlangte für den Begünstigungstransfer lediglich einen hinreichenden inneren Zusammenhang, den es jedoch im Streitfall bejahte. Damit verhalf das Finanzgericht der Klage zum Erfolg. Für das Finanzgericht war vor allem entscheidend, dass zwischen den Brüdern eine klare Zuordnung des Vermögens von Anfang an gewollt gewesen sei. Die dagegen vom Finanzamt eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.   

Entscheidung des BFH

Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes, der keine Frist für die Auseinandersetzung vorsieht, sondern lediglich verlangt, dass der Transfer im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgt, bestätigt der BFH im Rahmen seiner revisionsrechtlichen Befugnisse die rechtliche Würdigung des Finanzgerichts. In einem obiter dictum gibt der BFH jedoch zu erkennen, dass (wohl) etwas anderes gelte, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Miterben den Nachlass zunächst ungeteilt belassen wollten.

Fazit und Praxistipp

Das BMF wird nicht umhinkommen, seine diesbezügliche Verwaltungsauffassung zu ändern.

Auch wenn Erben vor allem beim Tod eines geliebten Menschen andere Probleme haben, als sich mit steuerlichen Fragen auseinanderzusetzen, verlangt der Gesetzgeber von Ihnen, zumindest den Erwerb von Todes wegen innerhalb von drei Monaten dem Finanzamt anzuzeigen (vgl. § 30 ErbStG). Abhängig vom Einzelfall kann es sich anbieten, dem Finanzamt bereits in diesem Zusammenhang mitzuteilen, wie die Beteiligten beabsichtigen, sich auseinanderzusetzen. Ein solches Schreiben sollte aber nicht ohne Einschaltung des steuerlichen Beraters erfolgen. Im Rahmen der Nachfolgeregelung kann auch darüber nachgedacht werden, die erbschaftsteuerliche Thematik über die Anordnung von Vermächtnissen oder einer Teilungsanordnung zu entschärfen.

Nicht vergessen werden darf, dass eine Erbauseinandersetzung auch unter anderen steuerlichen Aspekten geprüft werden muss, insbesondere in Bezug auf die Einkommen-, Grunderwerb- und Umsatzsteuer.