Bedarf zur Anpassung von GbR-Gesellschaftsverträgen

Im Bereich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bestand schon immer weitgehende Vertragsfreiheit. Dies ändert sich auch mit der Gesellschaftsrechtsreform durch das MoPeG nicht. Aber das Gesetz bestimmt seit jeher auch Grenzen der Regelbarkeit und diese verschieben sich nun.

Erstens enthält das Gesetz nach der Reform teilweise andere „Rückfallregelungen“ für den Fall, dass der Gesellschaftsvertrag ein Thema gar nicht regelt. Und gerade im Vertrauen darauf haben Gesellschaftsverträge in der Vergangenheit viele Themen gar nicht oder nur lückenhaft behandelt. Bislang galt etwa ohne spezifische Regelung im Gesellschaftsvertrag für die einzelnen Gesellschafter, die für die Gesellschaft handeln, ein „abgesenkter“ Haftungsmaßstab. Nach der Reform gelten nun strengere Maßstäbe. Ob diese Haftungsverschärfung gewünscht ist oder durch eine Vereinbarung der Parteien „überschrieben“ (abbedungen) werden soll, muss vor dem Hintergrund der veränderten Rechtslage diskutiert und entschieden werden.

Zweitens eröffnet das MoPeG den Gesellschaftern Handlungsmöglichkeiten, die es vorher nicht gab. So wurde etwa vor der Reform davon ausgegangen, dass eine „ewige“ GbR ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit der Gesellschafter nicht zulässig ist. Der Gesetzgeber scheint sich aber entschieden zu haben, den dauerhaften Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts künftig zuzulassen.

Drittens lässt das Gesetz bisher häufig offen, inwieweit die gesetzlichen Regelungen im Detail durch den Gesellschaftsvertrag „überschrieben“ werden können. Zwar gibt es im Gesetz ausdrückliche Formulierungen, die keinen Zweifel daran lassen, dass abweichende Regelungen „unwirksam“ sind. An anderen Stellen mit neuen Regelungsinhalten ist das allerdings nicht so deutlich, etwa bei der Formulierung, dass die Gesellschaft keine eigenen Anteile erwerben kann. Diese Unsicherheiten werden zu Rechtsunsicherheiten und damit zur Notwendigkeit von gesellschaftsvertraglichen Auffanglösungen führen.

Viertens erfordert das Gesetz Festlegungen der Gesellschafter, die vor der Reform strukturbedingt gar nicht zur Debatte standen. So müssen die Gesellschafter einer GbR, sofern sie nicht etwa bei von der GbR gehaltenen Grundstücken oder GmbH-Geschäftsanteilen dazu faktisch gezwungen werden, definieren, ob sie die GbR im Gesellschaftsregister eintragen wollen.

Im Ergebnis müssen demnach bestehende Gesellschaftsverträge daraufhin geprüft werden, ob das damals Gewollte – ob geschrieben oder nicht – heute auch noch so gelten würde, ob die Gesellschafter bislang nicht geregelte Inhalte regeln sollten und welche Regelungen bei Gründung einer GbR gerne getroffen worden wären, die nach der Reform (endlich) rechtlich möglich sind. Diese umfassende Hinterfragung des Gesellschaftsvertrages kann und sollte dann auch als Anlass dazu dienen zu hinterfragen, ob der Gesellschaftsvertrag überhaupt – ungeachtet des MoPeG – noch das widerspiegelt, was von den Gesellschaftern gewollt war bzw. ist.